Lean Production ist seit den neunziger Jahren ein weit verbreiteter Ansatz für effiziente Fertigungsprozesse. Damit fest verbunden ist das sogenannte Fließprinzip. Dieses hat einen schnellen und unterbrechungsfreien Materialund Informationsfluss zum Ziel, um damit eine möglichst geringe Durchlaufzeit über die gesamte Wertschöpfungskette zu erreichen.
Diese Philosophie verfolgt auch die Hager Electro mit Sitz im saarländischen Blieskastel. Das weltweit agierende Unternehmen ist ein führender Anbieter im Bereich der Stromversorgung von Häusern. Hauptprodukte sind Zählerschränke und Kleinverteiler. Zählerschränke bestehen im Prinzip aus dem Gehäuse und der eigentlichen Technik, welche in einem sogenannten Komplettfeld untergebracht ist. Das Komplettfeld beinhaltet später im Haus alle elektrischen Bauteile von den Schaltern über die Kabel bis hin zur Sicherheitstechnik.
Hager bietet die Komplettfelder in nahezu 500 Varianten an, um optimal auf die Anforderungen der Kunden eingehen zu können. Dabei ist es sowohl möglich, die Komplettfelder separat zu bestellen, oder aber fertig eingebaut in die zugehörigen Zählerschränke. Trotz der vielen Varianten werden die Komplettfelder zumeist in größeren Stückzahlen geordert, weil die Kunden von Hager hauptsächlich Großhändler sind.
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Die Montage durch versierte Fachkräfte erfolgte bislang an Einzelplätzen, d. h. eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter montierte ein Komplettfeld vollständig allein, bis es schließlich entweder in den Versand oder zur Schrank- Endmontage ging. „Hier kam die Idee auf, diesen Ablauf künftig als Serienprozess zu gestalten, bei welchem die Montage arbeitsteilig über mehrere Stationen erfolgt“, so Alexander Markovic vom Bereich Lean Management bei Hager. „Wir wollten also die Montage der Komplettfelder über eine Linie machen, ähnlich der Fließbandfertigung im Automobilbau. Eine Montagelinie mit geregeltem Materialfluss ist einfach deutlich effektiver als die Einzelplatzfertigung. Unsere Ziele waren eine höhere Produktivität und gleichzeitig auch eine Verbesserung der Qualität.“
Entsprechend galt es, eine verkettete Arbeitsplatz-Anlage zu konzipieren und umzusetzen. Dass bei der Suche nach einem passenden Engineering- Partner die Wahl auf MiniTec fiel, hatte laut Markovic gute Gründe: „Das war einfach die beste Lösung. Das beste Konzept. Das Engineering von MiniTec hat uns super unterstützt. Und die Flexibilität des MiniTec Profilbaukastens war ein weiteres wichtiges Argument. Zudem hatten wir schon in anderen Projekten gute Erfahrungen mit MiniTec gemacht.“
Nach intensiven Projektgesprächen wurde schließlich eine maßgeschneiderte Linie aus drei Montageplätzen und einer Packstation konzipiert. Die Montageplätze sind untereinander über Förderbänder verbunden.
Hager legte bei den Arbeitsplätzen großen Wert auf Ergonomie. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Eingriffsweite, welche nicht größer als 80 cm sein sollte, damit die Mitarbeiter alle wichtigen Werkzeuge und Materialien problemlos erreichen können. Dazu Alexander Markovic: „Ergonomie ist für die Gesundheit der Mitarbeiter wichtig, aber auch für die Produktivität. Denn je weiter die Greifwege sind, desto länger dauert auch mein Produktionsprozess. Also ein klarer Zeitfaktor! Hier haben wir lange mit den MiniTec Ingenieuren daran getüftelt, wie man das optimal umsetzen kann.“ Ergebnis der Überlegungen war schließlich, dass das Material innerhalb eines Halbkreises angeordnet wird. Das Nachfüllen mit den am häufigsten benötigten Teilen erfolgt von der Rückseite der Arbeitsplätze. Dadurch wird der Monteur nicht in seiner Arbeit gestört und der Montageprozess kann während des Materialnachschubs unterbrechungsfrei weiterlaufen. Für die Bereitstellung der besonders schweren Kupferkabel kommen MiniTec Rollcontainer zum Einsatz, die sich bereits vielfach im Feuerwehrbereich bewährt haben.
Der Packplatz ist direkt an die Montagearbeitsplätze angedockt, so dass der Packvorgang nahtlos in den Materialfluss integriert ist. Auch hier erfolgt der Nachschub über die Rückseite. Wenn Kartons aufgefüllt werden müssen, holt sie der Mitarbeiter von der Palette auf der Rückseite herunter und setzt sie mit dem verschiebbaren Tisch auf die Arbeitsfläche des Packplatzes. Alle Montageplätze sind elektrisch höhenverstellbar, um sie optimal an die Körpergröße der Mitarbeiter anzupassen und ein ermüdungsfreies Arbeiten zu ermöglichen.
Der Tisch des Packplatzes ist nicht nur insgesamt in der Höhe verstellbar, sondern zusätzlich auch noch die Arbeitsfläche selbst. So kann der Mitarbeiter das Komplettfeld auf dem Karton ohne große Kraftanstrengung positionieren. Darüber hinaus sind der letzte Montagetisch und der Packplatz miteinander verbunden, so dass man sie gleichzeitig in der Höhe verstellen kann, mit einem leichten Versatz. Dieser Höhenversatz zum Packplatz wird durch die zusätzliche Höhenverstellung mittig vom Packtisch ausgeglichen.
Auch sonst ist die MiniTec-Anlage bis ins Detail durchdacht. So werden etwa zur Verkettung der Arbeitsplätze bewusst Förderbänder statt Rollenbahnen eingesetzt, um die Produkte beim Weitertransport zu schonen. Wie an einer Supermarkt- Kasse sind die Bänder Sensor-gesteuert: Legt ein Mitarbeiter das Produkt darauf, fährt das Förderband automatisch weiter. Der eigene Antrieb des Förderbandes ist natürlich auch wichtig, um die erwähnten Höhenunterschiede auszugleichen. Geht es mal berghoch, ist dies somit kein Problem. Dabei ist die Konstruktion so gestaltet, dass das Förderband die Höhenverstellung des Arbeitstisches automatisch adaptiert.
Die Umstellung vom Einzelplatz auf eine arbeitsteilige Fließfertigung war für die Mitarbeiter, welche die bisherige Arbeitsweise mitunter bereits 20 bis 30 Jahre gewohnt waren, natürlich ein Paradigmenwechsel. Entsprechend behutsam geht Alexander Markovic bei der Einführung vor – mit vielen Feedback-Runden und Abstimmungen. In dieser Phase werden auch immer wieder Details optimiert, also das „Feintuning“ vorgenommen. „Bei der Einführung geht es auch darum, die richtige Taktung zu finden. Wie viel schafft ein Mitarbeiter, so dass das Material immer schön fließt? Deshalb haben wir auch zwei Förderbänder zwischen den beiden Stationen, die wir als Puffer nutzen können. Ist ein Mitarbeiter mal zu schnell für seinen Folge-Kollegen, fungieren die Förderbänder als Zwischenlager – und Stillstände werden vermieden.“
Auch wenn man sich bei Hager noch in der Einführung der Anlage befindet, spürt man bereits erste Effekte Richtung Produktivität. „Durch die Umstellung auf Linie haben wir in der Vergangenheit immer 20-30 Prozent an Produktivität gewonnen, und das wird auch hier passieren. Wir sind zuversichtlich, dass wir innerhalb des nächsten halben Jahres unsere Produktivität erheblich verbessern werden“, sagt Markovic.
Die papierlose Fertigung ist bei Hager bereits heute gelebte Realität. Über Monitore an den Arbeitsplätzen können sich die Mitarbeiter neben dem Auftrag auch die Zeichnung oder die Verpackungsvorschrift zu einem Komplettfeld anzeigen lassen. Dazu kommen weitere Informationen wie etwa Wartungs- und Reinigungspläne oder das Stationsblatt, auf welchem steht, was an welcher Station gefertigt wird. Die Digitalisierung in dem Bereich soll künftig noch weiter ausgebaut werden, so Markovic: „Das wird unsere erste Fertigungslinie, die wir voll digital integrieren werden. Das bedeutet, wir werden die Linie in naher Zukunft an unser ERP (Enterprise Resource Planning – eine betriebswirtschaftliche Standsoftware) sowie an unser MES (Manufacturing Executive Software – eine Software zur Steuerung der Produktion) anschließen. Wir werden dann in der Lage sein, die Produktion digital mitzuverfolgen.
Die Aufträge werden künftig über das ERP-System auf den Monitoren der Anlage angezeigt, und auch die anschließende Rückmeldung erfolgt wieder ans System. Auch Informationen zum Produktionsverlauf, also zu Rüstvorgängen, Störungen oder Qualitätsproblemen werden als Meldungen über das System abgesetzt, so dass der Schichtleiter kommen und unterstützen kann.“
Aber auch die Zusammenarbeit mit MiniTec soll weitergehen: „Wenn wir mit der jetzigen Montagelinie für 1-feldrige Komplettfelder fertig sind, wollen wir auf jeden Fall auch eine Linie für die 2-feldrigen Produkte realisieren, anschließend eventuell sogar noch eine für die 3-feldrigen. Die Verkürzung der Durchlaufzeit und der Zuwachs an Produktivität durch die Fließfertigung sind schon enorm, und MiniTec hat sich als idealer Partner bei der Umsetzung entsprechender Montageanlagen erwiesen.“